Öfter wird man in der Galerie gefragt: „Wie kommen Sie eigentlich zu ihrem Ausstellungsprogramm, zu ihren Künstlern, mit denen sie zusammenarbeiten?“ Eine pauschale Antwort gibt es da nicht. Natürlich ist man selbst auch immer unterwegs, ist interessiert, sieht Vieles.Aber dann gibt es auch wieder ganz zufällige Momente. Da stellt man in der Galerie Born, Berlin einen irischen Künstler aus, ein Amerikaner besucht die Ausstellung und kauft sofort eine Arbeit. Man kommt ins Gespräch, der Käufer, Lucas Reiner, erzählt das er auch Maler sei, aus Los Angeles kommt und zur Zeit gerade eine Ausstellung in der Galerie von Claes Nordenhake in der Lindenstrasse in Berlin habe. Am nächsten Tag steige ich aufs Rad, fahre in die Lindenstrasse und besuche die Ausstellung von Lucas. Ich bin begeistert. Einige Zeit später maile ich Lucas Reiner an, wir verabreden uns zu einem Termin in seinem temporären Studio in Berlin Joachimstal. Dort arbeitete Lucas gerade an seiner „Czernowitz“ Serie. Chernowitz, der Ort wo sein Großvater väterlicherseits aufwuchs, der mit 14 Jahren nach Wien ging und über weitere Stationen sich 1907 in New York niederließ. Als Lucas den Ort besuchte machte er das, was er immer auf Reisen, auf Streifzügen durch seine Heimatstadt LA macht, er fotografiert. Als ich ihn in seinem Studio in LA besuchte, Regale voll mit Schachteln, Ordnern und alle randvoll mit Fotografien. Fotos von Bäumen. Der Baum scheint für ihn ein Protagonist für die endlose Geschichte von Hoffnungen, von Würde und auch von Enttäuschungen in unserem menschlichen Leben zu sein. Und in den Städten, die er durchstreift, sind es nicht immer die ersten und teuren Stadtteile in die Reiner geht. Es sind häufig vernachlässigte Gebiete, soziale Probleme sind vielerorts handgreiflich zu spüren. Für ihn spiegeln sich in den allzuoft vernachlässigten und unbeachteten Gewächsen all die kleinen menschlichen Tragödien wider, die wir alle und jeder für sich erleidet. Betrachtet man die Chernowitz Bilder, alle Tempera auf Leinen, scheint die Geschichte des Schmerzes, die mit diesem Ort verbunden ist, uns zu begegnen. Gequälte Gewächse werden zu Zeugen und damit zugleich zu Mahnern in der aktuellen Gegenwart. Greifswald, Berlin, Athen, Syros, Mexiko City - die Titel der neuen Arbeiten, die alle in Porto entstanden sind. Neben Los Angeles hat Lucas Reiner seit 2025 dort ebenfalls ein Atelier. Die Orte
scheinen eine Rundreise widerzuspiegeln. Mit „Bäumen“ erzählt Lucas Reiner von ihr. Und mir scheint, auch ein Licht leuchtet auf. „Trees on route…“