Wahlverwandtschaften

Drei Wochen ist es her, Besuch bei Strawalde im Berliner Atelier, da steht auf der Staffelei eine Arbeit im Mittelformat, die mich sofort in den Bann zog. Gemalt vor wenigen Tagen, über den 7./8. Juli, Strawaldes 92. Geburtstag. Es ist wahrlich nicht das erste Bild, das Strawalde an einem Geburtstag gemalt hat, da gibt es viele. Denn Geburtstagsfeiern sind nicht seine Stärke, natürlich haben in einem so langen Leben auch einige stattgefunden... 

Sofort waren wir uns beide einig, dass diese Leinwand in der kommenden Ausstellung in der Galerie Born auf dem Darss gezeigt wird. Über den Titel wurde laut nachgedacht, „Wahlverwandtschaften“ war der Vorschlag des Meisters, „warum nicht“ war meine Erwiderung. Denn zu sehen sind auf der Leinwand drei „Figuren“, oder besser vielleicht Figurationen, die immer wieder in seinen Arbeiten auftauchen, natürlich meist in anderen Zusammenstellungen. Aber unverkennbar die „Schrift“, das „Herunterschreiben“, wie Strawalde manchmal seine Arbeitsweise umschreibt und die sich natürlich immer in seinem umfangreichen Werk über die Jahrzehnte wiederfindet. 

Wahlverwandtschaften, da fällt einem natürlich gleich Goethe ein, in seinem gleichnamigen Roman geht es ja um Neukonstellationen von Beziehungen. 

Und da ist man dann wieder bei der Planung einer Ausstellung, noch andere Arbeiten wurden natürlich ausgesucht. Und bei der Auswahl plant man auch immer gleich den kommenden Aufbau. Diese Leinwand an die eine Wand, daneben eine andere und so fort. Und dann, eine alte Erfahrung von mannigfachen Ausstellungsaufbauten: Höre auf die Kunstwerke. Sie sagen Dir ganz selbstverständlich, wie auch die Pflanzen in einem Garten, ob ihnen der Platz, die Nachbarschaft, sozusagen gefällt, lass sie wählen. Fast automatisch (manchmal zumindest) baut sich so eine Ausstellung auf, fängt der Galerieraum an zu klingen.

Matthias Fuhrmann im August 2023